Der Einfluss von Bindungssicherheit auf psychische Gesundheit und Wohlbefinden in der Jugend

ENGLISH VERSION AVAILABLE BELOW

Die Bindungsbeziehung zwischen Eltern und ihren Kindern spielt in der sozio-emotionalen Entwicklung von Jugendlichen eine entscheidende Rolle. An der Universität Luxemburg läuft momentan eine Studie an, die mögliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bezüglich des Wohlbefindens bei Jugendlichen untersucht. Es werden sowohl deutsch- als auch englischsprachige Familien gesucht, die an der Studie teilnehmen möchten. Diese erhalten eine Aufwandsentschädigung und, wenn Interesse besteht, ein allgemeines Feedback über das Wohlbefinden der Familie.

Was ist Bindung und warum ist sie so wichtig?

Bindung ist eine angeborene Veranlagung, Nähe und Kontakt zu bestimmten Personen zu suchen, bei Kindern beispielsweise die Eltern oder andere Bezugspersonen, und das insbesondere in stressigen Situationen. Die Bindungstheorie, die in den 1950er Jahren von John Bowlby begründet wurde, beschreibt die Dynamiken der Eltern-Kind-Beziehung von der Geburt an und deren Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Kindes.

Kleinkinder zeigen ein breites Spektrum an Verhaltensweisen, die dazu dienen, aus unterschiedlichsten Gründen die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu erlangen. Zum Beispiel lächeln sie und geben Laute von sich, wenn sie Kontakt aufnehmen möchten, oder sie weinen und klammern sich an ihre Eltern, um Unwohlsein auszudrücken. Aus evolutionärer Sicht sind diese Verhaltensweisen für menschliche Säuglinge überlebensnotwendig. Als eine der wehrlosesten Spezies hängt ihr Überleben maßgeblich davon ab, dass sie eine stabile emotionale Verbindung mit den Menschen, die für sie sorgen, aufrechterhalten können. Dies ist während der ersten 12 Lebensmonate von besonderer Bedeutung. Sobald Kinder nach und nach das Gefühl bekommen, dass ihre Eltern physisch und emotional verfügbar sind, können sie langsam ihre eigenen Schritte wagen, um die Welt da draußen zu erkunden. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Kinder das Gefühl haben, jederzeit wieder zurückkommen zu können, wenn und falls sie das Bedürfnis danach haben. Die Eltern wirken somit als sichere Basis, von der aus die Kinder auf Entdeckungskurs gehen können (Ainsworth & Bells, 1970).

Darüber hinaus ist wichtig, zu betonen, dass es verschiedene Arten gibt, mit denen jeder von uns die Bedürfnisse nach Geborgenheit und Erkundung der Umwelt ausdrückt. Das führt dazu, dass es unterschiedliche Arten von Bindung gibt. Herrscht ein gutes Gleichgewicht zwischen dem Bindungs- und dem Erkundungssystem, ist die sogenannte „Bindungssicherheit“ erreicht, welche das natürlichste und wünschenswerteste Ergebnis darstellt. Es gibt allerdings auch Kinder, die in ihren ersten Lebensjahren anhaltende und manchmal wiederholte Trennungen von ihren Bezugspersonen erleiden. Dies kann dazu führen, dass ihnen die Möglichkeit fehlt, sich sicher an eine bestimmte Person zu binden, was ihr Wohlbefinden gefährden kann. Über 50 Jahre Forschung haben gezeigt, dass sichere Bindung einen Schutzfaktor für die seelische Gesundheit in jedem Alter darstellt – von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter.

Wie ist es mit der Bindung während der Jugend?

Das Jugendalter ist ein Lebensabschnitt der Veränderungen, und zwar in körperlicher, psychologischer und sozialer Hinsicht. Im Kleinkind- und Kindesalter war die Eltern-Kind-Beziehung stärker strukturiert, aber dieses Muster steht im neuen Lebensabschnitt in Konflikt mit dem Streben nach Unabhängigkeit, welches die Jugendlichen verspüren.  Deshalb verändert sich die Beziehung und die Jugendlichen beginnen, intensivere Bindungen zu anderen Personen aufzubauen. Dadurch wird ein neues Gleichgewicht zwischen dem Bindungsverhalten der Jugendlichen und ihrer Entdeckerlust notwendig. Um dieses Gleichgewicht herstellen zu können, ist es unumgänglich, dass der junge Mensch seine Abhängigkeit von den Eltern verringert. Trotz dieser Veränderungen im familiären Miteinander ist es für Jugendliche immer noch wichtig, die Verbindung zu den Eltern zu spüren, auch wenn gemeinsame Zeit und Aktivitäten abnehmen, denn die Eltern werden im Fall des Falles den Freunden als sichere Basis vorgezogen.

Die Vorteile eines guten Bindungs-Erkundungs-Gleichgewichtes gehen über die Beziehung zu den Eltern hinaus. Studien konnten zeigen, dass Jugendliche mit einer sicheren Bindung bessere Kompetenzen im Deuten und Ausdrücken ihrer Gefühle haben. Sie tendieren auch dazu, sich selbst positive und negative Eigenschaften eher eingestehen zu können, weniger ängstlich und feindselig zu sein und bessere soziale Kompetenzen zu haben, was normalerweise zu einer größeren Beliebtheit unter Gleichaltrigen führt. Später, als Erwachsene, werden sicher gebundene Jugendliche außerdem bessere Bewältigungsmöglichkeiten im Umgang mit Stress haben und eher dazu tendieren, emotionale und handfeste Unterstützung bei anderen zu suchen.

Im Rahmen seines vom FNR geförderten Doktorarbeitsprojekts „ATTACH“ (Betreuung: Prof. Claus Vögele) sucht Alessandro Decarli (Psy.M.) aktuell Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren, die in den deutschsprachigen Gebiete der Großregion Saar-Lor-Lux (z.B. Luxembourg, Trier…) leben und gemeinsam mit Ihren Eltern an der Studie teilnehmen möchten. Alle Familien sind herzlich zur Teilnahme eingeladen, sowohl mit adoptierten als auch mit leiblichen Kindern. Ausführlichere Informationen zur Studie sind auf Deutsch und Englisch verfügbar (bitte klicken Sie auf Ihre bevorzugte Sprache).

Wenn Sie daran interessiert sind, an diesem Projekt teilzunehmen, wenden Sie sich bitte an Herrn Alessandro Decarli.

Email: Alessandro.Decarli@uni.lu

Telefonnummer: (+352) 46 66 44 9381

 

ENGLISH VERSION

The attachment relationship between parents and their children plays a major role in the socio-emotional development during adolescence. A new study is starting at the University of Luxembourg, investigating potential differences and similarities in adolescents’ well-being. German-speaking and English-speaking families are currently being recruited to take part in this project. They will receive a compensation for their time, as well as a generalised feedback about the family’s well-being if they wish.

What is attachment and why is it so important ?

Happy young family having fun outdoors in autumn park.

Attachment is an inborn disposition to seek proximity and contact with specific figures, such as parents or caregivers for children, particularly in situations where they feel distressed. The “Attachment Theory”, formulated by John Bowlby in the 1950s, describes the dynamics of the parent-child relationship since birth, and how they affect future developments.

Infants use a wide range of behaviours to attain their parents’ attention for all kind of reasons. For example, they might smile and vocalise if they are seeking interactions, or cry and hang to express their discomfort.  From an evolutionary point of view, such behaviours ensure human infants’ survival. Indeed, being amongst the most defenceless species, their survival highly depends on the creation of a lasting emotional connectedness with their caregivers. This is especially the case in the first 12 months; Once children acquire the feeling that the parents are physically and emotionally available, they can slowly walk away from them in order to explore the outside world. Crucially, it is important that children sense the possibility of walking back, if and when they feel the need for it. The parents therefore act as a “secure base from which to explore” (Ainsworth & Bells, 1970).

It is also important to highlight that there are different ways in which each of us expresses the need to be comforted and to explore, and this leads to the existence of different forms of attachments. When a good balance is achieved between the attachment and the exploratory systems, the so-called “attachment security” is reached, which is the most natural and desirable outcome. On the other hand, children who suffer prolonged and sometimes multiple separations from their caregivers in their early years, may not be given the opportunity to securely attach to a specific figure, which can put their well-being at risk. More than 50 years of research have demonstrated how secure attachment is a protective factor for the mental health at all ages, from childhood through to adulthood.

What about attachment during adolescence?

Silhouettes of happy family of three people mother father and child

Adolescence is a stage of life during which a lot of changes occur,  from a physical, psychological and social point of view. In infancy and childhood, the parent-child relationship was more coordinated, but in this new developmental stage, this pattern doesn’t fit anymore with the adolescent’s need for autonomy. The relationship is therefore changing, and the adolescent is starting to develop stronger bonds with other people. A new balance is therefore necessary between the teen’s attachment behaviours, and his or her exploration urges, and in order to reach this balance, it is essential for the youngster to decrease the dependence on parents. However, despite these changes in the family interactions, it is still important for adolescents to feel connected with their parents, even if they share less time and activities, since they will still seek their parental figures more than friends when they need a secure base.

education, high school and people concept - group of happy teenage students with notebooks learning at campus yard

The advantages of a good attachment-exploration balance go beyond the relationship with parents, as studies showed that adolescents with a secure attachment have better competencies in understanding and displaying their emotions. They also tend to have an improved ability to acknowledge positive and negative characteristics about themselves, to be less anxious, less hostile and to have better social competencies, usually resulting in being more popular among peers. When becoming adults, secure adolescents will also have better coping abilities and will tend to seek more emotional and instrumental support from others in times of stress.

In the context of his FNR-funded PhD project (“ATTACH“) supervised by Prof. Claus Vögele, Alessandro Decarli is currently  recruiting German- and English-speaking adolescents (11 – 17 years old) living in Luxembourg, together with their parents. Both adoptive and non-adoptive families are welcome to take part. More details about the study are available in German and in English (click on your preferred language).

ale

Please get in touch with Alessandro if you are interested to take part in this project.

Email: Alessandro.Decarli@uni.lu

Phone: (+352) 46 66 44 9381

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Save

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Comments Protected by WP-SpamShield Spam Plugin