Eine Datenbank für graue Literatur im luxemburgischen Jugendsektor

Obwohl graue Literatur eine wichtige Informationsgrundlage nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für Politiker und Akteure aus der Praxis sein kann, lässt sie sich über herkömmliche Recherchewege nur schwer – mitunter gar nicht – finden. Das Digital Documentation and Research Centre – Youth (DDRC) begegnet dieser Herausforderung mit einer für Luxemburg einmaligen Online-Datenbank.

Wie verbringen Jugendliche in Schuttrange ihre Freizeit? Welche Position hat das Jugendparlament zur EU-Politik? Was stand 2013 auf der Agenda des Ministeriums für Bildung, Kindheit und Jugend? Welche Projekte waren in der Jugendarbeit besonders erfolgreich?

Antworten auf Fragen wie diese finden sich selten in Monographien oder wissenschaftlichen Journals, obwohl sie für die tägliche Arbeit vieler Akteure im Jugendsektor von großer Bedeutung sind. Vielmehr sind solche Informationen auf einzelne Dokumente verstreut, die mühsam – und oft erfolglos – im Netz recherchiert oder auf anderem Wege beschafft werden müssen. Herkömmliche Recherchetools, etwa Group of teenagers skateboarding at the skate park.Bibliothekssysteme, helfen kaum weiter. Das liegt unter anderem daran, dass derartige Dokumente nicht über einen kommerziellen Verlag vertrieben, sondern von den Urhebern selbst in Umlauf gebracht werden, etwa als PDF oder als gedrucktes Eigenerzeugnis, häufig ohne eigene ISBN. In Fachkreisen fasst man sie unter dem Begriff „graue Literatur“ (in Abgrenzung zur herkömmlichen, „weißen Literatur“) zusammen (vgl. Schöffel 2010).

Graue Literatur als Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis

Trotz der eintönig klingenden Bezeichnung zeichnet sich graue Literatur meist durch eine große Vielfalt aus: So kann es sich im Bereich des luxemburgischen Jugendsektors um unveröffentlichte Forschungsberichte oder Qualifikationsarbeiten ebenso handeln wie um Arbeits- oder Jahresberichte einer bestimmten Einrichtung, etwa eines Jugendhauses. Aber auch Vorträge und Reden, politische Analysen und Strategiepapiere fallen darunter, zudem Sitzungsprotokolle oder Stellungnahmen zu diversen Sachverhalten, zuweilen Informationsbroschüren oder Texte aus dem Internet.

Diese Beispiele lassen die – oft unterschätzte – Bedeutung von grauer Literatur erahnen. Nicht selten bildet sie eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis (vgl. MacDonald et al. 2015): Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung profitieren im Rahmen einer evidenzbasierten Politikgestaltung von aktuellen Forschungserkenntnissen und direkten Einblicken in die praktischeDigital library e-books in laptop computer. Jugendarbeit. Akteure aus der Praxis wiederum können sich mit Hilfe aktuellen Wissens weiter professionalisieren und besser über politische Strategien und Debatten informieren. Für die Forschung, besonders für die sozialwissenschaftliche, stellt graue Literatur aus Politik und Praxis eine wertvolle Quelle dar – vorausgesetzt, die entsprechenden Dokumente sind auf unkomplizierte Weise zugänglich.

Das Digital Documentation and Research Centre der Luxemburger Jugendforschung

Um dieses Potential grauer Literatur für den Bereich des luxemburgischen Jugendsektors besser zu erschließen, hat die Jugendforschung der Universität Luxemburg unter Leitung von Prof. Dr. Helmut Willems zusammen mit dem Ministère de l’Éducation nationale, de la Enfance et de la Jeunesse das Digital Documentation and Research Centre – Youth (DDRC) ins Leben gerufen. Das DDRC sichtet diese „grauen“ Dokumente aus den Bereichen Jugendforschung, Jugendarbeit und Jugendpolitik in Luxemburg und stellt sie in einer frei zugänglichen Online-Datenbank zur Verfügung. Auf der Webseite des DDRC, www.jugend-in-luxemburg.lu, können Interessierte nach Schlagworten, Themen, Autoren und Institutionen recherchieren, um die gesuchten Dokumente zu finden. Darüber hinaus übernimmt das Portal Aufgaben der Forschungsdokumentation und bietet Informationen über laufende und abgeschlossene Forschungsprojekte zur luxemburgischen Jugend sowie eine Übersicht über Publikationen und Vorträge.

Zurzeit befindet sich das DDRC in einer Pilotphase und wird, unterstützt vom Dekanat der FLHASE, stetig weiterentwickelt. So sind für 2017 – neben einer Erweiterung der Datenbank – kurze Videos zu Forschungsprojekten geplant sowie eine Reihe von Trainingsmodulen zur Bedeutung von und zum Umgang mit grauer Literatur.

Interessierte sind herzlich eingeladen, das Webportal und die Datenbank unter www.jugend-in-luxemburg.lu zu nutzen und Feedback und/oder Anregungen zu geben.

Kontakt & weitere Informationen

helmut-willemsProf. Dr. Helmut Willems
Professor für allgemeine Soziologie und Jugendsoziologie
Tel. +352 46 66 44 9379
Helmut.Willems@uni.lu

 

rouven-hehlert

Rouven Hehlert
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel. +352 46 66 44 9341
Rouven.Hehlert@uni.lu

Literatur

MacDonald, Bertrum H. et al (2014): How Information in Grey Literature Informs Policy and Decision-Making: A Perspective on the Need to Understand the Processes, in: The Grey Journal 1/2015 (11), S. 7-16.

Schöpfel, Joachim (2010): Towards a Prague Definition of Grey Literature. Twelfth International Conference on Grey Literature: Transparency in Grey Literature. Grey Tech Approaches to High Tech Issues. Prague, 6-7 December 2010, Prag, S. 11-26.

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